Aller guten Dinge sind drei: Ausschuss-Wahl mit Hindernissen

Die Wahl der Ausschüsse stand auf der Tagesordnung der konstituierenden Sitzung. Für die schriftliche Einreichung der Wahlvorschläge hatte Bürgermeisterin Frau Lüke im Vorfeld einen Termin benannt. Schriftlich eingereicht wurden Wahlvorschläge von den Fraktionen CDU, FDP, AfD. Obwohl der Bürgermeisterin im Vorfeld bekannt war – wie sich hinterher herausstellte – dass darüber hinaus auch Herr Längert (Die Linke) für den Technischen Ausschuss kandidieren möchte – ließ die Bürgermeisterin es in der Sitzung so aussehen, als ob lediglich drei Wahlvorschläge vorliegen würden und Herr Längert sich erst unmittelbar in der Sitzung zu einer Kandidatur entschloss. Ein Schelm, wer etwas dabei… denkt…

Die rechtswirksame Wahl ist Voraussetzung für die Arbeit der Ausschüsse, insbesondere für rechtswirksame Beschlüsse, die in den Ausschüssen gefaßt werden. Die Wahl zum Technischen Ausschuss und zum Verwaltungsausschuss musste auf Veranlassung der Rechtsaufsicht dreimal durchgeführt werden bis sie tatsächlich rechtswirksam geglückt war. ‚Gewählt ist gewählt‘ gilt nicht automatisch…

E-Mail an Bürgermeisterin, Büro der Bürgermeisterin, Kopie an Stadträte

Sehr geehrte Frau Lüke, sehr geehrte Frau Wehner,

Danke für Ihre Nachricht.

Hier noch folgende Bitte: Aktuell klären Sie ja mit der Rechtsaufsicht die Möglichkeit Herrn Dr.-Ing. Hannawald als Stellvertreter von Herrn Längert für den Technischen Ausschuss (TA) nach zu benennen. Die Nachbenennung von Mitgliedern/Stellvertretern zum TA können wir jederzeit vornehmen. In der Sitzung am 22.08.2019 gab ich jedoch zu bedenken, dass uns bei der Wahl zum TA evtl. ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, da wir eine Einigung nicht durchgeführt haben (siehe Protokoll zur Sitzung vom 22.08.2019, TOP 24, S. 29). Mir scheint daher nicht sicher, dass die Wahl überhaupt rechtswirksam ist und der TA arbeits- und vor allem beschlussfähig ist. Hierüber sollten wir grundsätzlich Klarheit haben. Falls dem so ist, können wir diesen evtl. Fehler heilen; ihn zu übergehen, entzieht dem TA m.E. die Arbeitsgrundlage. Zu unser aller Gewissheit bitte ich Sie, Frau Lüke, daher auch diesen Sachverhalt mit der Rechtsaufsicht zu klären.

Zum Verständnis ein Auszug aus dem „Taschenbuch für die Ratsarbeit“ des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) S. 49 ff, Punkt 2.4 Ausschüsse des Gemeinderates:

Zitat:Die Bildung von Ausschüssen steht grundsätzlich im Ermessen des Gemeinderates. … Jeder Ausschuss muss nach den Vorgaben der Rechtsprechung ein verkleinertes Bild des Gemeinderates darstellen und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Gemeinderates widerspiegeln. Zwar gebietet es der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht, dass eine absolut spiegelbildliche Besetzung erzielt werden, muss…. Jedoch muss sowohl durch die Größe des Ausschusses, als auch durch das Besetzungsverfahren sichergestellt werden, dass eine größtmögliche Spiegelbildlichkeit erzielt wird. …
Zur Besetzung der beschließenden Ausschüsse sieht § 42 Abs. 2 SächsGemO … ein abgestuftes System vor.

1. Einigung über die Besetzung: Das Einigungsverfahren stellt die kommunalverfassungsrechtliche Vorzugsvariante zur Besetzung der Ausschüsse dar. Gegenstand der Einigung ist die personenbezogene Festlegung auf die Ausschussmitglieder und deren Stellvertreter des jeweiligen Ausschusses. Dazu findet eine Absprache und Verständigung auf einen einheitlichen ‚Wahlvorschlag‚ statt, der bestätigt ist, sofern keiner der Gemeinderäte oder der Bürgermeister mit ‚Nein‘ stimmt. Die Einigung ist gescheitert, wenn ein Gemeinderat oder der Bürgermeister sich der Stimme enthält oder gegen den Vorschlag stimmt. …
2. Besetzung durch Verhältniswahl: Besetzung durch Verhältniswahl kommt in Betracht, wenn es zu keiner Einigung gekommen ist. …“

Frau Lüke hatte in der Sitzung am 22.08.2019 festgestellt, dass es mehr Bewerber als Sitze gibt und daher eine Wahl erforderlich sei (siehe TOP 11, S. 14). Mehr Bewerber als Sitze ist jedoch nicht gleichbedeutend mit „keine Einigung“. Vielmehr sieht gerade hier § 42 Abs.2 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO) die Einigung, d.h. die Absprache und Verständigung auf einen einheitlichen Wahlvorschlag vor. Besetzung durch Verhältniswahl kommt (erst) in Betracht, wenn es zu keiner Einigung gekommen ist.

Optimal erfolgen Gespräche über eine mögliche Einigung vor der Sitzung. So haben es andere Gemeinden und der Kreistag gehalten. Wir haben jedoch zu keinem Zeitpunkt über die Wahlvorschläge Kenntnis gehabt/ gesprochen; wir haben die Einigung übergangen. Das widerspricht m.E. dem Vorgehen nach § 42 Abs. 2 SächsGemO. Unabhängig davon scheint es mir auch nicht sachgerecht in Bezug auf die Bedeutung der Tätigkeit des TA. Und: Verständigung ist die beste Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit.

Ergebnis einer Einigung kann z.B. sein – wie von Herrn Längert vorgeschlagen – Herrn Dr.-Ing. Hannawald als Stellvertreter von Herrn Längert zu wählen – oder umgekehrt. Es können auch Vorschläge der einzelnen Fraktionen geändert werden. Ergebnis einer Einigung kann auch sein, dass wir alle Wahlvorschläge berücksichtigen möchten und die Anzahl der Mitglieder im TA ändern/anpassen (so ist es z.T. im Kreistag erfolgt). Mitglieder der beschließenden Ausschüsse sind neben dem Vorsitzenden eine gesetzliche Mindestquote von vier Gemeinderäten (SächsGemO § 42 Abs. 1). Die genaue Anzahl ist bei einem auf Dauer eingerichteten Ausschuss in der Hauptsatzung festzulegen. Wir haben in der aktuellen Hauptsatzung (HS) § 4 (2) den Bürgermeister und 5 weitere Mitglieder festgelegt. Vorgenannter Fall bedarf daher der Änderung der HS. Änderungen der HS hatten wir in TOP 7 beraten und beschlossen. Eine Änderung der weiteren Mitglieder im TA von 5 auf 6 wäre in der Sitzung am 22.08.2019 also möglich gewesen. Dazu hätten wir jedoch über die Wahlvorschläge sprechen müssen.

Verständigung ist die beste Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit und gibt uns die Möglichkeit, die beste und praktikabelste Lösung zu finden.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Angelika Ebisch, 24.10.2019