Redigierte Niederschriften und entfernte Redebeiträge („Protokollaffäre“ I)

Bei Durchsicht der Niederschriften stolperte Frau Ebisch über die Wortmeldung einer Kollegin zu einem Rechtschreibfehler und staunte über die Ausführlichkeit der Niederschrift. Doch – oops – ihre sämtlichen Wortmeldungen fehlten und auch der Antrag eines Kollegen… Ein Versehen?!

Die Stadträte sind verpflichtet, die von der Verwaltung anhand der Tonbandmitschnitte gefertigten Niederschriften zu bestätigen. Der Sorgfalt verpflichtet, wies Frau Ebisch darauf hin. Die Reaktion von Bürgermeisterin Lüke kam einer Offenbarung gleich… etwa doch kein Versehen…?! Hatte Frau Ebisch unbeabsichtigt aufdeckt, dass anstelle von Ergebnisprotokollen die Niederschriften nachbereitet werden, wie gewünscht gewesen wäre, dass die Sitzung verlaufen wäre bzw. stattgefunden hätte…?!

Auf die Frage, wie die Protokolle erstellt werden, erklärte Frau Lüke, die Protokollantin schreibt vom Band, Korrekturen nimmt Frau Lüke vor!

In der Sitzung erlag Bürgermeisterin Lüke der Versuchung und war bemüht, Frau Ebisch bloßzustellen und lächerlich zu machen…
Unmittelbar im Anschluss an die Sitzung am 03.02.2020 erkundigte sich Frau Ebisch daher bei Frau Lüke, ob es zwischen beiden etwas auszuräumen gibt und falls ja, schlug sie vor, dies zu tun.

Ohne die Frage zu beantworten, erklärt Frau Lüke daraufhin, dass Frau Ebisch sich bitte auf den überwiegend geringen Intellekt der Mehrheit der Stadträte einstellen solle…

Nachtrag: Die Fraktion arbeitet seither mit Protokollerklärungen. Das führte dazu, dass seit Januar 2021 die Protokolle der öffentlichen Sitzungen unter dem Vorwand von Datenschutzbedenken im Rats- und Bürgerinformationssystem auf der Internetseite der Stadt nicht mehr öffentlich gestellt wurden… Ein Schelm, der …

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Zum Sachverhalt:

E-Mail vom 29.01.2020 an Frau Rietschel – Ergänzungen zur Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 19.11.2019

Hallo Frau Rietschel,

zum o.g. Protokoll habe ich folgende Anmerkungen/ Ergänzungen:
M.E. fehlen folgende Fragen/Wortmeldungen, um deren Ergänzung ich Sie bitte:

TOP 14
Es fehlt meine Frage, wieso der Käufer für überwiegenden Abriß in Eigenleistung vor Eigentumsübergang im Grundbuch eine Grundschuld benötigt.

TOP 15
Ich fragte, warum wir nicht eine Satzungsänderung vornehmen, sondern eine Änderungssatzung beschließen. (Letzter Absatz S.13)

Weiterhin: S.14 oben 3. Absatz: Frau Lüke lehnte dies ab. …M.E. hat Frau Lüke auch ausgeführt, dass über den Antrag abzustimmen sei. 

TOP 17
S. 17 oben noch vor Herrn Förster:
Mein Vorschlag war, die Dienstfahrzeuge der Stadtverwaltung übers Wochenende – wie bisher – auf der Wittgensteiner Straße abzustellen, damit auf der Goethestraße am Wochenende mehr PKW-Stellplätze für die Anwohner und ihre Gäste zur Verfügung stehen.

TOP 18
M.E. hatte Herr Kirchhübel den Vorschlag unterbreitet und die Möglichkeit angeboten – für alle Stadträte – die Sportstätte „Kante“ mit einem Architekten von ihm zu begehen/ begutachten – ohne Kosten für die Verwaltung. Frau Lüke wollte darüber nachdenken.

Vielen Dank für Ihre Mühe!
Angelika Ebisch

E-Mail vom 06.03.2020 an Bürgermeisterin und Stadtrat: Niederschrift über die Sitzung des Stadtrates vom 19.11.2019:

Sehr geehrte Frau Lüke, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

in der Sitzung am 03.02.2020 stand die Bestätigung der Protokolle der Sitzungen vom 19.11.2019, 09.12.2019 und 08.01.2020 auf der Tagesordnung. In der Niederschrift zur Sitzung vom 19.11.2019 fehlten alle meine Diskussionsbeiträge sowie der Antrag eines Kollegen. Absprachegemäß hatte ich meine Hinweise dazu vor der Sitzung per Email an die Protokollantin gesandt und mich in der Sitzung erkundigt, wie es zu der Weglassung kam und wie die Protokolle grundsätzlich erstellt werden.

Frau Lüke erklärte, die Protokollantin schreibt vom Band, Korrekturen nimmt Frau Lüke vor! Für die Streichung meiner Diskussionsbeiträge und des Antrages des Kollegen nannte Frau Lüke keine Gründe. So blieb offen, warum gerade bei diesem Protokoll anders verfahren werden sollte, als bei allen bisherigen und auch dem weiteren – derselbe Sachverhalt, unterschiedliche Vorgehensweisen. Sachgerecht ist m.E., die Hinweise aufzunehmen, zu prüfen und in der nächsten Sitzung zu informieren. So wurde es auch bei allen anderen Niederschriften gehandhabt.
In Ihrem Bericht zur Stadtratssitzung im Anzeiger sowie im Protokoll der Sitzung vom 03.02.2020 schreibt Frau Lüke von kontroverser Diskussion. Ich war wohl fassungslos und recht aufgebracht; eine Diskussion ist mir jedoch nicht erinnerlich.

Frau Lüke verlas §40 SächsGemO + Kommentar und ließ über meine Hinweise abstimmen. Die Mehrheit von Ihnen stimmte für die Streichung. Näheres regelt jedoch die Geschäftsordnung; diese beinhaltet drei m.E. gleichberechtigte, jedoch widersprüchliche Regelungen (§28 s.u.). Beim Sachantrag des Kollegen stimmte die Mehrheit nach meinem Hinweis auf SächsGemO und Geschäftsordnung für die Aufnahme in die Niederschrift.

Die Niederschrift zur Sitzung vom 09.12.2019 zog Frau Lüke wegen Einwendungen dann zurück.

Die Situation insgesamt war beinahe dazu geeignet, den Eindruck zu erhalten, Frau Lüke redigiere die Niederschriften nachträglich in ihrem Sinne und entferne ganze Diskussionsbeiträge. Die Situation war auch dazu geeignet, den Eindruck zu erwecken, es solle ein Exempel statuiert, ich solle vorgeführt und Sie sollen gegen mich vereinnahmt werden.

Sächsische Gemeindeordnung und Geschäftsordnung besagen, dass die Niederschrift eine gedrängte Wiedergabe des Verhandlungsverlaufes enthalten soll. Gedrängte Wiedergabe ist m.E. jedoch nicht gleichbedeutend mit der Streichung ganzer Diskussionsbeiträge. Welchen Grund sollte es geben, Diskussionsbeiträge aus der Niederschrift zu entfernen?! Das verfälscht m.E. die Niederschrift.

Im Kommentar zur Sächsischen Gemeindeordnung heißt es: „Die Einwendungen und die Beschlüsse darüber sind ebenfalls in der Niederschrift festzuhalten.“ (SächsGemO, Kommentar 2.Auflage, S.158).

Meine Einwendungen und der Beschluss darüber erscheinen nun in der Niederschrift zur Sitzung vom 03.02.2020. Das erschwert jedoch das Nachverfolgen der Sitzung vom 19.11.2019. Dafür dokumentiert es das ganze Durcheinander und die Willkür. Nach dem Kommentar der SächsGemO sollte der Beschluss und die Streichungen m.E. daher (auch) in der Niederschrift vom 19.11.2019 erscheinen.

Erinnerlich ist mir außerdem die Ermahnung, wir Stadträte mögen den Protokollantinnen unnötige Arbeit ersparen. Das geht jedoch am Sachverhalt vorbei. Erst das Streichen von Inhalten, die Auseinandersetzung damit, das Beschließen darüber, anschließendes Nachhören und wieder Einfügen verursachen aufwendige und vor allem unnötige Mehrarbeit und Nachbereitung – für die Protokollantin und für uns . M.E. dürfen ganze Diskussionsbeiträge nicht grundlos gestrichen werden. Die Protokolle sollten einmal und richtig gefertigt werden und den Verhandlungsverlauf gedrängt, jedoch vollständig wiedergeben.

Bitte prüfen Sie für sich selbst noch einmal, was Sie konkret bewogen hat, für die Streichung zu stimmen, ob die unbegründete Streichung sachgerecht war und ob dieses Vorgehen insgesamt sinnvoll, zielführend und zweckmäßig ist Bedenken Sie dabei bitte auch: „Die Sitzungsniederschrift ist eine öffentliche Urkunde.“ (Taschenbuch für die Ratsarbeit des SSG, S.171, Punkt 4.7).

Insgesamt bin ich bestürzt, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen.

Mit kollegialen Grüßen
Angelika Ebisch, 06.03.2020

Anmerkung:
Unmittelbar im Anschluss an die Sitzung am 03.02.2020 erkundigte sich Frau Ebisch bei Frau Lüke, ob es zwischen beiden etwas auszuräumen gibt und falls ja, schlug sie vor, dies zu tun. Ohne die Frage zu beantworten, erklärt Frau Lüke daraufhin, dass Frau Ebisch sich bitte auf den überwiegend geringen Intellekt der Mehrheit der Stadträte einstellen solle…

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§28 Niederschrift über die Sitzungen des Stadtrates

(1) Über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen des Stadtrates ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss insbesondere enthalten:
a) den Namen des Vorsitzenden,
b) die Zahl der anwesenden und die Namen der abwesenden Stadträte unter Angabe des Grundes der Abwesenheit,
c) die Gegenstände der Verhandlung,
d) die Anträge zur Sache und zur Geschäftsordnung,
e) die Abstimmungs- und Wahlergebnisse und) den Wortlaut der vom Stadtrat gefassten Beschlüsse.

(2) Die Niederschrift soll eine gedrängte Wiedergabe des Verhandlungsverlaufes enthalten. Der Vorsitzende und jedes Mitglied des Stadtrates können verlangen, dass ihre Erklärung oder Abstimmung in der Niederschrift festgehalten wird.

(3) Die Niederschrift wird vom Schriftführer geführt, der vom Bürgermeister bestimmt wird. Der Bürgermeister kann einen Stadtbediensteten oder ein Mitglied des Stadtrates damit beauftragen.

(4) Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden, von zwei Stadträten, die an der Sitzung teilgenommen haben, und vom Schriftführer zu unterzeichnen. Die beiden Stadträte werden vom Stadtrat bestellt. Ist einer der Unterzeichnenden mit einzelnen Punkten der Niederschrift nicht einverstanden oder können sich die Unterzeichnenden über den Inhalt der Niederschrift nicht einigen, kann über die entsprechenden Einwände ein Vermerk gefertigt werden.

(5) Die Niederschrift ist innerhalb eines Monats, in der Regel jedoch spätestens zur nächsten Sitzung dem Stadtrat zur Kenntnis zu bringen. Über die gegen die Niederschrift vorgebrachten Einwendungen entscheidet der Stadtrat.

(6) Die Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen ist den Einwohnern der Stadt gestattet. Mehrfertigungen von Niederschriften über nichtöffentliche Sitzungen dürfen weder den Mitgliedern des Stadtrates noch sonstigen Personen ausgehändigt werden.