7. SR-Sitzung 09.12.2019 – Protokollnotiz zur Niederschrift („Protokollaffäre“ III)

Sehr geehrte Frau Lüke,

Beigefügt erhalten Sie meinen Vermerk, zur Niederschrift der Sitzung vom 09.12.2019, die in der Sitzung am 15.07.2020 abschließend bestätigt wurde. Meinen Vermerk bitte ich Sie der Niederschrift beizufügen und als Bestandteil der Niederschrift auch im RIS einzustellen.

In Bezug auf meine erst heutige Antwort erinnere ich, dass ich als Stadtrat ehrenamtlich, d.h. im Anschluss an meinen Hauptberuf tätig bin. Diese Zeit fällt bekanntlich in die Abendstunden sowie auf Sonn- und Feiertage.

Da Sie nach meinem Eindruck wiederholt versucht haben, Stadträte wegen sachlicher Hinweise vorzuführen, verbinde ich den Vermerk mit der Bitte zu einer sachlichen Arbeitsweise und Sitzungsleitung sowie der inhaltlich korrekten und vollständigen Fertigung der Niederschriften.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Hannawald, 22.07.2020

Vermerk/Protokollnotiz
zur Niederschrift der Sitzung vom 09.12.2019, die in der Sitzung am 15.07.2020 bestätigt wurde.

Nach § 28 der Geschäftsordnung des Stadtrates sowie § 40 der SächsGemO obliegt es mir als Unterzeichner bei Uneinigkeit über den Inhalt der Niederschrift einen Vermerk zu fertigen, welcher der Niederschrift beizufügen ist. Um eigenen Irrtum auszuschließen, habe ich den Tonbandmitschnitt der Sitzung nachgehört und wörtlich vorn Band mitgeschrieben (Mitschnitt zu TOP 23 ab Minute 17:00):

Ergänzung der Niederschrift über die Sitzung vom 09.12.2019 zu TOP 23: Anfragen der Stadträte
Frau Lüke führte aus, dass sie die einzige war (auf der Veranstaltung in Berlin —d. Verf.)‚ die gesagt hat, sie ist hier nicht die große Bedrohte, das ist jetzt nicht bei mir so, ich bausche mich da jetzt nicht so auf…

Zum Sachverhalt:
Bürgermeisterin Barbara Lüke war im Sommer 2019 in Berlin zu einer Veranstaltung bei Bundespräsident Steinmeier im Zusammenhang mit Bedrohungen, Hass und Hetze gegenüber Kommunalpolitiken; Anlass war der Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke. Der Mord wurde einem Einzeltäter aus dem rechtsextremen Milieu mit Kontakt zur Neonazi-Szene zugeschrieben. Laut einem Beitrag im ZDF—Heute- Journal sollte die Veranstaltung auf die Gefährdung von Kommunalpolitikern aufmerksam machen; Frau Lüke gab dem ZDF ein Interview, in dem sie erklärte, dass siejeden Tag sagen kann, sie hat versucht etwas dagegen zu tun. Außerdem wurde bundesweit in zahlreichen Artikeln, z.B. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Berliner Zeitung, Mindener Zeitung, Sächsischen Zeitung, Bild—Zeitung, bei Tagesschaude, dem Oberlausitzer Kurier berichtet; Frau Lüke wurde dabei jeweils namentlich als Bürgermeisterin von Pulsnitz benannt.

Etliche Bürger brachten daraufhin uns (Fraktion) gegenüber Verärgerung und Befremden zum Ausdruck, dass Pulsnitz auf diese Weise sowohl mit Hass und Hetze als auch mit Rechtsextremismus in Zusammen- hang gebracht wurde. Sie beklagten auch, dass Frau Lüke versuche, sich selbst zulasten] auf Kosten von Stadt und Bürgern zu profilieren. Es entstehe der unzutreffende Eindruck, Pulsnitz sei ein ‚braunes Nest‘ und das Leben von Frau Lüke sei hier bedroht.

Im Namen von Bürgern hatte ich Frau Lüke daher in der Dezember—Sitzung unmittelbar vor dem Gegen-Besuch des Bundespräsidenten im Dezember unter TOP 23 „Anfragen der Stadträte“ um Klarstellung gebeten. In diesem Zusammenhang führte Frau Lüke in der Sitzung u.a. aus, dass Sie (auf der Veranstaltung in Berlin —d. Verf.) die einzige gewesen ist, die gesagt hat, sie ist hier nicht die große Bedrohte, das ist jetzt nicht bei mir so, ich bausche mich da jetzt nicht so auf…

Anmerkung/Kontext der Protokollnotiz:
Diese Aussage ist m. E. wesentlich, da sie den Kern des Bürgeranliegens trifft und den tatsächlichen Sachverhalt wiedergibt; sie fehlte in der Niederschrift jedoch; ich bat daher bereits in der Sitzung am 03.02.2020 darum, den Passus zu ergänzen. Frau Lüke zog daraufhin die Niederschrift zurück.

Zahlreiche weitere Hinweise von mir wurden ergänzt; damit ist die Niederschrift nun deutlich vollständiger und liest sich beinahe wie die Niederschrift einer anderen Sitzung. 0.g. Hinweis fehlte abschließend jedoch. Auf meinen erneuten Hinweis in der Sitzung am 15.07.2020 erklärte Frau Lüke, sie habe das so nicht gesagt. Dann müsse alles wörtlich aufgenommen werden. Davon bzw. von der Möglichkeit der ihres Erachtens korrekten Darstellung machte Frau Lüke jedoch keinen Gebrauch, sondern lies über die Aufnahme meines Hinweises abstimmen. Die Mehrheit der anwesenden Stadträte stimmte daraufhin dagegen. Nach meinem Kenntnisstand bin ich der einzige Stadtrat, der den Tonband-Mitschnitt nachgehört hat.

Bei der Niederschrift handelt es sich um eine öffentliche Urkunde. Der Vermerk erfolgt aufgrund des wiederholten Eindruckes, dass Niederschriften redigiert werden und wesentliche Inhalte fehlen. Bisher war ich dennoch davon ausgegangen, dass es sich bei der Weglassung von m.E. wesentlichem Inhalt um eine Ungenauigkeit handele. Diese Vorgehensweise offenbarte jedoch, dass die Weglassung vorsätzlich erfolgte.

Angesichts dessen war ich in der Sitzung sprachlos. Daher nutze ich hiermit die Möglichkeit zu einem Vermerk, welcher der Niederschrift vom 09.12.2019 beizufügen ist. Da Frau Lüke nach meinem Eindruck wiederholt versucht hat, Stadträte wegen sachlicher Hinweise vorzuführen, verbinde ich das mit der Bitte zu einer sachlichen Arbeitsweise und Sitzungsleitung sowie der inhaltlich korrekten Fertigung der Niederschriften.

Dr. Frank Hannawald, 22.07.2020

Anmerkung:
Siehe hierzu auch unseren Offenen Brief vom 14.02.2020: Ein ganzer Ort unter Generalverdacht …