Rathaussanierung – Stadtratsbeschluss für investive Maßnahmen ohne Haushaltssatzung und ohne gesicherte Gesamtfinanzierung

Rechtsaufsichtliche Prüfung erbeten

Sehr geehrter Herr Hänsel,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ergänzend zu meiner Nachricht vom 08.02.2021 (Anlage 1) zeige ich Ihnen hiermit an, dass dem Stadtrat der Stadt Pulsnitz in der Sitzung am 04.02.2021 nicht nur ein Beschluss über die gesicherte Gesamtfinanzierung der Rathaussanierung ohne entsprechende Nachweise abgenötigt wurde. Der Stadtrat hat am 04.02.2021 weiterhin die beiden beigefügten Vergabebeschlüsse im Zusammenhang mit der Sanierung des Rathauses gefasst: Los 4: 380 T€, Los 26: 115 T€, gesamt 495 T€ (Anlagen 2 und 3).

Pulsnitz hat für 2021 bisher weder einen genehmigten Haushaltsplan noch einen Entwurf. Nach unserer Kenntnis dürfen daher für investive Maßnahmen ausschließlich Gelder verwendet werden, die im Haushalt 2020 veranschlagt und noch nicht verbraucht worden sind. Anderes wäre rechtswidrig und auch fahrlässig.

In beiden Beschlussvorlagen fehlt ein Nachweis, dass die entsprechenden „Restbudgets“ im Haushalt 2020 vorhanden sind und das oben genannte Erfordernis eingehalten ist. Damit fehlte den Stadträten in beiden Beschlussvorschlägen eine entscheidungsrelevante Information! Die Beschlüsse waren in der Form nicht beschlussfähig.

Im Vorfeld der Sitzung hatte ich darauf aufmerksam gemacht – sowohl im Ältestenrat als auch schriftlich (Anlage 4) – und mdl. um Ergänzung gebeten.

Im Haushaltsplan 2020 waren Mittel in Höhe von 1.030 T€ bereitgestellt, eine Verpflichtungsermächtigung für Folgejahre gibt es nicht. Nach Auskunft der Kämmerin in der Sitzung wurden 2020 alle bereitgestellten Mittel aufgebraucht (ca. 600 T€ Auszahlung + ca. 400 T€ weitere Aufträge). Die Beauftragung der Lose 4 und 26 über gesamt 495 T€ erfolgte rechtswidrig ohne genehmigtes Budget.

Anstelle einer Information zur Finanzierung wurde dem Stadtrat empfohlen „…vom Haushaltsrecht abzuweichen, um das Projekt voran zu bringen.“

Anmerkung: Erbetene Nachweise über die gesicherte Gesamtfinanzierung fehlen bereits seit den ersten Vergaben im Oktober 2020 (siehe hierzu mein Vermerk an den Stadtrat vom 20.10.2020, Anlage 5). Der Stadtrat wurde trotz erheblicher Kostensteigerungen ohne Prüfung / Darstellung der Gesamtfinanzierung in den Beginn der Maßnahme gedrängt.

Die Verwaltung unterließ es auch – wie nach §78 SächsGemO bei fehlendem Haushaltsplanentwurf vorgesehen – eine Genehmigung der RA einzuholen. Das hätte – ungeachtet des seit November fehlenden Haushaltsplanentwurfes – nach meinem Verständnis ein rechtssicheres Vorgehen ermöglicht.

Zwischenzeitlich wurde dem Stadtrat ein unausgeglichener Entwurf zum Haushalt 2021 vorgelegt. Er weist im Zahlungsmittelsaldo aus Verwaltungstätigkeit sowie im Ergebnishaushalt für das laufende sowie die Folgejahre erhebliche Fehlbeträge aus und sieht einen Verzehr der Eigenmittel ohne nennenswerte Tilgung der Verbindlichkeiten vor (Anlage 6 – relevante Seiten aus Präsentation). Er ist versehen mit einem rot hervorgehobenen Hinweis: Realisierbarkeit der Maßnahmen prüfen! In Bezug auf die Rathaussanierung ist aus bisherigen Beschlussvorlagen und dem Haushaltsentwurf nicht erkennbar, wie Bürgermeisterin und Verwaltung beabsichtigen, diese Maßnahme zu bewerkstelligen/finanzieren.

Insgesamt stimmt mich dieses Vorgehen mehr als bedenklich. Daher erbitte ich Ihre rechtsaufsichtliche Prüfung und Rückinformation. Betrachten Sie diese Nachricht bitte im Zusammenhang mit meiner Nachricht vom 08.02.2021. Sofern Ihnen Information vorliegen, die dem Stadtrat fehlen, bitte ich Sie, uns diese zur Verfügung zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Hannawald, 16.02.2021