Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
in der Stadtrats-Sitzung am 12.05.2022 haben Sie mehrheitlich einem Haushaltsplan für 2022/2023 zugestimmt, der ab 2023 unausgeglichen ist, den nahezu vollständigen Verzehr der liquiden Mittel der Stadt bis 2026 vorsieht und sinnentleert versetzt zu den Doppelhaushalten von Freistatt und Landkreis sowie den Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes läuft. Eine Begründung, warum dennoch unbedingt ein „Doppelhaushalt“ verabschiedet werden musste, wurde weder von Frau Lüke noch von Frau Hinz abgegeben. Die Stadträte der CDU- und FDP-Fraktionen argumentierten zahlreich: Das Haushaltspaket von 947 Seiten hätten Sie zwar nicht gelesen, das verstehe sowieso niemand; dennoch seien Sie dafür… schließlich müsse man der Verwaltung vertrauen – ggfs. auch blind.
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Vorgehen grob fahrlässig ist. In der Sitzung haben wir darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen die Sorgfalts- und Kontrollpflicht der Stadträte verletzt und Haftungsrisiken für die Stadträte bewirkt.
Bei der vermeintlichen Beratung im August 2021 zur Sinnhaftigkeit eines Doppelhaushaltes, zu der knapp die Hälfte der Räte gar nicht anwesend war, handelte es sich laut Protokoll unter TOP „Sonstiges“ um die unvorbereitete Abfrage eines Stimmungs- und Meinungsbildes ohne tatsächliche Beratung sachlicher Argumente – ein beliebtes Vorgehen der Bürgermeisterin.
Ganz unabhängig davon sind die Ausgangsdaten für die Erstellung eines HH-Planes 2023 seither noch unwägbarer geworden, (Einnahmenentwicklung, Rathaus-Baukosten, Fördermittelrichtlinien, Personalkostenentwicklung etc.). Unser Vorschlag, im Oktober/November dieses Jahres eine neue gemeinsame Abwägung der Ausgangsdaten für 2023 vorzunehmen war und ist daher verantwortungsbewusst und sinnvoll.
Bedenken Sie bitte, dass es sich bei den Abstimmungen nicht um Meinungsumfragen oder „Stimmungsbarometer“ handelt, sondern um Beschlüsse des Stadtrates mit konkreten rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen für die Stadt und ihre Menschen, für die der Stadtrat verantwortlich zeichnet und bei grober Fahrlässigkeit auch persönlich haftbar ist.
Ergänzend verweisen wir auf das Frühwarnsystem „Kommunale Haushalte“ – per 30.11.2021 ist Pulsnitz mit instabiler Haushaltslage eingestuft (Anlage).
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Hannawald, Angelika Ebisch, Christian F. Schultze, 25.05.2022
Anlage

Siehe auch Beiträge:
35. SR-Sitzung 12.05.2022: Änderungsanträge zum Haushaltsplan-Entwurf 2022/2023
35. SR-Sitzung 12.05.2022: Protokollerklärung Haushaltsbeschluss 2022/2023
Wann haften Ehrenamtliche?