Kosten-Verdopplung – unter dieser (gedanklichen) Überschrift stand offenbar die November-Sitzung des Stadtrates. Denn neben der Verdopplung der Hundesteuer wurde der Stadtrat auch über die Verdopplung der Rohbaukosten bei der Rathaussanierung informiert.
Während die Kostenprognose bereits seit Juli 2022 eine Überschreitung des genehmigten Budgets von 5,677 Mio. Euro anzeigte, beharrte die Verwaltung noch im Oktober 2022 darauf, dass das Budget ausreiche und die Budgetanpassung auf 6 Mio. Euro nach Ansicht von Bürgermeisterin und Bauamtsleiter noch gar nicht notwendig sei.
Die November Sitzung brachte für den Stadtrat nun erneut eine „Überraschung“. Nachdem die Rohbaufirma bereits im April diesen Jahres 175.000 Euro Mehrkosten abrechnete, hat sie zwischenzeitlich eine weitere Rechnung mit noch einmal zusätzlich 200.000 Euro vorgelegt. Damit verdoppeln sich die Kosten dieses Loses gegenüber der Planung nahezu (von 380.000 um 375.000 auf 755.000 Euro). Das führte im Stadtrat zu großer Verärgerung.
Damit ist leider auch eingetreten, worauf wir bereits in der September-Sitzung hingewiesen haben (vgl. Beitrag 39. SR-Sitzung, 15.09.2022). Es ist unklar und unglaubwürdig, dass in der September-Sitzung weder Planer und Projektsteuerer noch Bürgermeisterin und Bauamtsleiter davon gewusst haben wollen…
Aus der Präsentation des Planers wurde ersichtlich, dass es sich im Wesentlichen um zusätzliche Leistungen handelte, die während der Planung vorgeblich nicht erkennbar waren.
Da grundsätzlich durch den Vertrag nicht abgedeckte Leistungen zusätzlich zu vereinbaren und durch den Bauherrn oder einen dazu bevollmächtigten Vertreter anzuordnen sind, fragte Dr. Hannawald, wer konkret die zusätzlichen Leistungen denn angeordnet hat; die Frage verursachte ein lautes Schweigen und blieb unbeantwortet.
Nach der Hauptsatzung der Stadt Pulsnitz kann der Bürgermeister im Einzelfall die Vergabe von Nachträgen bis zu 10.000 Euro auslösen, der Stadtrat ist darüber zu informieren. Ist „Gefahr in Verzug“ kann der Bürgermeister auch darüber hinaus eine Eilentscheidung treffen und den Stadtrat anschließend darüber informieren. Allerdings wurde der Stadtrat weder über eine Eilentscheidung informiert noch in die Entscheidung über die Mehrleistungen eingebunden.
Es ist die Aufgabe von Planer, Projektsteuerer und Verwaltung dafür Sorge zu tragen, dass die zur Verfügung gestellten Ressourcen optimal eingesetzt werden. Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich: Planer, Projektsteuerer und Verwaltung sind offenbar im „Spiel“ des Fördermittel-systems „gefangen“. Statt zu prüfen, wie man mit den verfügbaren Geldern auskommt und ob die Mehrkosten erforderlich sind, werden diese lediglich als ‚nach-förderfähig‘ und ‚nicht nach-förderfähig‘ beurteilt – u.E. eine gefährliche Sichtweise, da Anspruch auf Nach-Förderung nicht besteht. Die Mehrkosten sind im Zweifel aus der Stadtkasse zu finanzieren und fehlen später für andere Vorhaben.
Die „aktuell schwierige Situation“ kann jedenfalls kein Freibrief für ausufernde Mehrkosten sein. Hier geht es um ganz grundlegendes „Handwerkszeug“… Alles in allem aus heutiger Sicht u.E. klare Versäumnisse aller Beteiligten – Planer, Projektsteuerer und Verwaltung – letztlich zum Nachteil der Stadt.
Als Beschluss standen unter TOP 7 diesmal „lediglich“ die Mehrkosten des Trockenbauers über 40.000 Euro auf der Tagesordnung (vgl. Beitrag 39. SR-Sitzung, 15.09.2022). Unter Berücksichtigung der Mehrkosten von Rohbauer und Trockenbauer ist das in der Oktober-Sitzung genehmigte Blanko-Budget von 6 Mio. Euro (vgl. Änderungsantrag und Protokollerklärung 40.SR-Sitzung, 13.10.2022) bereits wieder um 82.000 Euro überschritten. Deckungsquellen für den Differenzbetrag wurden auch diesmal nicht benannt.
Wir haben uns enthalten bzw. mit „Nein“ gestimmt.
Siehe auch Beiträge:
Dem Stadtrat absichtlich falsch in den Mund gelegt…?!
40. SR-Sitzung, 13.10.2022: Änderungsantrag zu TOP 8: Blanko-Budgeterhöhung für Rathaussanierung auf 6 Mio. Euro zu Lasten Grundschule Pulsnitz
40. SR-Sitzung, 13.10.2022: Protokollerklärung zur Blanko-Budgeterhöhung für Rathaussanierung auf 6 Mio. Euro zu Lasten Grundschule Pulsnitz